Erhalt von heimischen Pflanzenarten

Julian Pleyer identifiziert Neophyten

©Gregor Nesvadba

Julian Pleyer machte sich im Auftrag des Triesting Wasserverbandes auf die Spur der Neophyten

„Kein Sprint, sondern ein Marathon“ – neu erstellte Bio-Landkarte schafft Voraussetzung für den Erhalt von heimischen Pflanzenarten an der Triesting

Zwischen Kaumberg und Tattendorf war ein freischaffender Botaniker kürzlich im Auftrag des Triesting Wasserverbandes in ökologischer Mission unterwegs. Sein Name: Julian Pleyer. Er wanderte kilometerlang die Ufer der Triesting und jene ihrer Nebenflüsse ab, um bestimmte Pflanzen – sogenannte Neophyten – zu identifizieren und deren „Zuhause“ exakt in eine elektronische Landkarte einzuzeichnen. Warum der Aufwand?

Nun, diese Pflanzen sind im Triestingtal weder heimisch, noch erwünscht. Aufgrund ihrer teilweise explosionsartigen Verbreitung in Gebieten, in denen das ökologische Gleichgewicht durch menschliche Eingriffe gestört wurde, können die Neophyten den Lebensraum der hier ansässigen Pflanzen besetzen und diese verdrängen. Im zweiten Interview spricht Julian Pleyer über die wichtigsten Erkenntnisse nach seinem botanischen Einsatz an der Triesting.

Gibt es schon ein Ergebnis Ihrer Arbeit – und wie werden das weiterverarbeitet?

Ja, ein Ergebnis gibt es. Die Daten habe ich in einem kartografisches Datenformat - dem Triesting Wasserverband übergeben. Dort sind alle Neophytenbestände, die ich gefunden habe, wie man es von einer Landkarte her kennt, eingezeichnet. Anhand der Daten werde ich einen Zustandsbericht und eine Handlungsempfehlung formulieren, wie man im Triestingtal künftig mit den Neophyten künftig umgehen sollen, damit die Gefahren für den Bestand der Naturräume kleiner werden. 

eine Person, die ein Mobiltelefon in der Hand hält

Welche „unerwünschte“ Pflanzen – sogenannte „Neophyten“ – haben Sie entlang der Triesting gefunden? 

Im Triestingtal fällt vor allem das sehr bekannte drüsige Springkraut auf, welches den gesamte Hauptlauf entlang und entlang der meisten Zubringer zu finden ist. Ebenso finden wir den Staudenknöterich in regem Ausmaß, umso mehr je näher wir dem Flachland kommen. Im Gehölzbestand sind es vor allem die Robinie und Götterbaum die weit verbreitet sind, der Essigbaum tritt vereinzelt auf. Immer wieder und weiter unten am Flusslauf trifft man dann häufiger auf den Sommerflieder und den Eschenahorn. 

eine Nahaufnahme einer Blume

Die Triesting ist in diesem Abschnitt – wie viele andere Flussläufe Europas – stark von invasiven Neophyten gekennzeichnet, das habe ich erwartet. Die Robinienwälder im unteren Streckenabschnitt waren ausgeprägter als gewohnt, die Vermutung liegt da nahe, dass sie als solche gepflanzt worden sind, zu einer Zeit wo die Robinien noch ein Hoffnungsträger für die Forstwirtschaft waren. 

Warum sind diese Neophyhten eigentlich unerwünscht? 

Diese Neophyten sind als Pflanzen sehr erfolgreich und daher eigentlich ein spannendes Phänomen. Nur 1 von 1000 importierten Neophyten kann sich im lokalen Ökosystem etablieren kann und besetzt dort neu den Platz einer Pflanze, die dafür verschwindet. In einem gesunden Ökosystem ist das kein Problem. Es kommt über kurz oder lang zu Ausgleichsprozessen in Zeiträumen von zehn, hunderten oder tausenden Jahren ab.

In unserer Welt heute gibt es aber durch Bebauung und professionelle Landwirtschaft nur wenige naturbelassene Räume, wo solche Störungen überhaupt auftreten können. Daher konzentriert sich dort das Eindringen der Neophyten sowohl räumlich wie auch zeitlich. Das heißt alles läuft viel schneller und massiver ab. Das bedroht die Vielfalt – die Biodiversität – in unserer Natur. 

Die Bauhof-Teams der Triestingtal-Gemeinden, die mit der Grünraumpflege der Triestingufer betraut sind, stehen den Neophyten tagtäglich gegenüber. Wie werden sie von Ihrer Arbeit profitieren? 

Wir können nun einschätzen, was kurzfristig und langfristig zu tun ist. So gibt es in manchen Zubringerbächen zur Triesting nur kleine Vorkommen einzelner Neophyten. Dort kann eine weitere Verbreitung einfach verhindert werden, wenn man schnell reagiert. An anderen Teilen des Flusslaufes ist der gleiche Neophyt schon so manifest, dass man davon sprechen kann, dass er sich etabliert hat. Hier muss man eher den Pflanzenbestand „managen“. 

Wir müssen uns hier die Frage stellen: An welchen Punkten tritt die Verbreitung dieser Pflanze in Konflikt mit unserer Nutzung des Wasserlaufes? Diese neuralgischen Punkte gilt es dann herauszuarbeiten, um zielgerichtete Handlungsvorschläge an den Bauhof weiterzuleiten 

Was muss am dringendsten passieren, damit sich die Menschen im Triestingtal in Zukunft an einem natürlichen, biodiversen Bewuchs an den Ufern des Fluss erfreuen können? 

Die Aufrechterhaltung des natürlichen dichten Uferbewuchses ist Voraussetzung dafür, dass Neophyten nicht überhandnehmen. Wenn zumindest ein breiter Streifen Gehölzvegetation entlang des Laufes erhalten bleibt, hat man schon die halbe Miete. 

Bei großen Baustellen wie jener für das Hochwasserschutz-Rückhaltebecken in Fahrafeld immer schon im Vorhinein darauf achten: Welche Neophyten sind schon vor Ort? Was heißt das für deren Verbreitung durch Erdbewegungen auf der Baustelle? Wie gehe ich also mit der Erde um? Und welchen Aufwuchs plane ich für die leergewordenen Flächen? Wenn man diese Überlegungen von Anfang an konsequent in die Planung miteinfließen lässt, erspart man sich später viel Arbeit. 

Wann werden wir wissen, dass die jetzt im Triestingtal eingeschlagenen Strategien gegen die Neophyten nachhaltig erfolgreich waren? 

Richtiges Neophytenmanagement für den Erhalt von Biodiversität ist kein Sprint, sondern ein sich jährlich wiederholender Marathon. Man könnte auch sagen: es ist wie Zähneputzen, man muss eine konsequente Strategie langzeitig verfolgen. Ziel ist ein Gleichgewicht zwischen unserer Nutzung der Landschaft, der Biodiversität und dem möglichen Aufwand darstellt. 

Man kann nicht sagen, so jetzt ist es vorbei. Wenn wir zum Beispiel etablierte Bestände des Staudenknöterichs entfernen wollen würde, ist eine kontinuierliches Engagement über bis zu 10 Jahren und mehr notwendig, um Erfolg zu haben. Die Nachhaltigkeit von Neophytenmanagement würde ich also daran bemessen, ob sich stabile Strukturen in den Gemeinden oder im Verband etablieren, die ein langfristiges Management und Monitoring des natürlichen Lebensraumes entlang der Triesting mit einer differenzierten Zielvorstellung durchführen oder nicht.

eine Person, die in einem Tunnel steht